Ortsbild schützen

Weißenkirchen / Wachau

noe baukulturerbe weissenkirchen geppner c pamela schmatz beitragsbild

Wie kreative Lösungen im Kleinen das große Ganze bewahren

Es braucht auch ein bisschen Mut, sagt Bürgermeister Christian Geppner aus Weißenkirchen in der Wachau. Gemeinsam mit Welterbemanagerin Inge Hödl sprechen wir darüber, wie wichtig die Bewusstseinsbildung ist, und dass gute Lösungen Zeit benötigen.

Im Jahr 2000 wurde beschlossen, die Wachau in die Liste der UNESCO-Welterbestätten als „fortbestehende Kulturlandschaft“ aufzunehmen. Was wäre, wenn dieser Schritt nicht passiert wäre?

Christian Geppner: Das Thema Bauen wäre weniger sensibel angegangen worden. Ich bin mir sicher, die Zersiedelung der Ortschaften wäre dann auch in der Wachau passiert. Vielleicht wäre sogar ein Betriebsgebiet zwischen Weißenkirchen und Wösendorf entstanden … Die Wachau würde definitiv anders aussehen.

Inge Hödl: Neben dem Welterbe-Titel war auch die Verhinderung des Donaukraftwerks in der Wachau ein zentraler Schritt. Da muss man schon sagen: Wenn es ums Eingemachte geht, dann ist das Bewusstsein in der Bevölkerung da. Aber natürlich kämpfen wir auch mit dem immensen Baudruck – überall dort, wo es besonders schön ist, wo es Wasser gibt, da ist dieser besonders stark.

Welche Instrumente helfen Ihnen in der praktischen Arbeit, um das baukulturelle Erbe zu bewahren – aber trotzdem die Region sanft weiterzuentwickeln?

Inge Hödl: Ein wichtiger Prozess war die Entwicklung des „Leitbild Bauen“ – ein Nachschlagewerk für alle, die mit dem Thema Bauen in der Wachau zu tun haben: Bausachverständige, Architekt*innen, Baumeister*innen etc. Ziel ist, die Attribute der Wachau zu erhalten, wie die ursprünglichen Siedlungsstrukturen und die malerischen Ortskerne. Darin finden sich Empfehlungen und Leitlinien. Parallel dazu gibt es die „Wachauzonen“ als weiteres Schutzinstrument: ein Bebauungsplan mit bestimmten Vorgaben in den jeweiligen Kategorien.

Christian Geppner: Und die Wachauzonen sind in der praktischen Arbeit immens wichtig! Weil es verbindliche Regeln sind, beschlossen im Gemeinderat. Damit ist transparent nachvollziehbar, was wo möglich ist. In unseren Bebauungsplan und die Kategorisierung haben wir wirklich sehr viel Zeit investiert, sind von Haus zu Haus gegangen, haben mit den Besitzerinnen und Besitzern gesprochen. Das ist auch für die Bewusstseinsbildung sehr wichtig. Und ja, die dauert …

Zwischen Beschränken und Möglich-Machen – wie sehen Sie Ihre Rolle als Bürgermeister?

Christian Geppner: Als Bürgermeister habe ich stets zwei Hüte auf: Auf der einen Seite sehe ich es als meine Aufgabe, unser Ortsbild zu schützen. Aber ich verstehe auch Bürgerinnen und Bürger, die in historischen Häusern leben, dass sie sie gestalten wollen. Viele führen hier ihre Winzerbetriebe – um Förderungen zu bekommen, sind Themen wie der Energieausweis und erneuerbare Energie sehr wichtig. Ein Haus aus dem Mittelalter kann ich aber nicht in Vollwärmeschutz einpacken, das muss atmen können. Auch das Thema Photovoltaik ist komplex, weil unsere homogene Dächerlandschaft wichtig ist für den Gesamteindruck von Weißenkirchen. Da kann ich an öffentlich gut einsehbaren Dachflächen einfach keine PV-Anlage daraufsetzen.

 

Welche Lösungen braucht es?

Christian Geppner: Wir müssen die Bau-Förderungen weiterentwickeln – zum Beispiel über eine Erhaltungsförderung, unabhängig vom Energieausweis. Man muss gerade jungen Leuten signalisieren: Wir wollen, dass ihr die historischen Häuser belebt, hier einen Betrieb übernehmt oder gründet. Und ja, wir unterstützen dabei.

Inge Hödl: Das zahlt sich doppelt aus – denn die Kastenfenster haben auch eine längere Lebensdauer. Generell: die Nutzung von vorhandener Bausubstanz zahlt sich auch klimatechnisch aus. Deshalb haben wir mit der KLAR-Region dazu ein Projekt gestartet rund um das Thema „klima-resilientes Bauen“. Die Sommer werden auch in der Wachau heißer – historische Häuser bieten da einen ganz besonderen Wohnkomfort.

Christian Geppner: Was es als Bürgermeister braucht, ist auch ein bisschen Mut. Man muss sich trauen, Schutzinstrumente zu entwickeln und diesen Prozess auch gestalten. Und man braucht Geduld, denn meine Erfahrung ist, dass gute Lösungen oft auch Zeit brauchen. Einerseits, um die Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot zu holen. Aber auch ganz praktisch: Manchmal muss man sich eine Situation vor Ort auch ein zweites oder drittes Mal ansehen. Dabei möchte ich wirklich eine Lanze für das Bundesdenkmalamt und die Ortsbildstelle des Landes Niederösterreich brechen. Sie helfen uns ungemein beim Finden von kreativen Lösungen, mit denen alle zufrieden sind.

Inge Hödl: Genau das wollen wir vermitteln: Es gibt gute Lösungen – wendet euch an die Expertinnen und Experten, um gemeinsam einen Weg zu entwickeln, der langfristig Sinn macht. Für einen selbst, aber auch für die Wachau als Ganzes.

Danke fürs Gespräch!

Zur Bauberatung

Das Gespräch wurde im Sommer 2025 geführt.

Christian Geppner ist seit 2019 Bürgermeister von Weißenkirchen in der Wachau.
Inge Hödl, MA hat in ihrer Position als Welterbemanagerin und Geschäftsführerin des Vereins Welterbegemeinden Wachau die Aufgabe, die Gemeinden beim Schutz ihres baukulturellen Erbes und der Kulturlandschaft zu unterstützen.